von: Claudia Spohr (IMC)
Wer kennt das nicht: Vor dem Bildschirm kann man viel Zeit verbringen und diese auch schnell einmal vergessen. Auch für Kinder und Jugendliche ist das Surfen, Chatten und Spielen sowie die Nutzung des Smartphones sehr reizvoll. Doch wie viel Mediennutzung ist in Ordnung? Diese Frage stellen sich die meisten Eltern und verbinden mit dieser gleich noch ganz andere Themen: Hobbys, Freundschaften, Hausaufgaben, Abhängigkeiten, Spielsucht und viele mehr. Doch jedes Kind geht anders mit den digitalen Medien um - je nach Lebenssituation, Umfeld und damit auch Vorbildern, kann die Motivation für die Nutzung eine andere sein. Ein pauschale Antwort oder konkrete Zeitvorgaben für eine „gesunde“ Nutzungsdauer gibt es somit nicht. Was es aber gibt sind hilfreiche Tipps und Empfehlungen sowie Richtlinien zur Mediennutzung und -dauer.
Kinder und Jugendliche verbringen nicht nur Zeit vor dem Computer sondern auch beim Fernsehen, mit Spielkonsolen, Tablets oder dem Smartphone. Daher sollten Sie die gesamte Nutzungsdauer digitaler Medien, die sogenannte Bildschirmzeit, im Blick haben.
Eine Vereinbarung von Zeitkontingenten ist in jedem Fall sinnvoll und verringert wiederkehrende Diskussionen und Streit. Vorteile bringt ein Wochenbudget mit sich, also eine festgelegte Anzahl an Stunden, die ihr Kind innerhalb einer Woche vor dem Bildschirm verbringen darf. Zum einen ist es nicht zielführend, wenn das Kind z.B. bei einer Informationssuche im Internet mittendrin den Computer ausschalten soll. Zum anderen hat es so die Möglichkeit, die Zeiten flexibel einzuplanen und auch einmal Stunden aufzusparen, z.B. für einen längeren Film oder ein Computerspiel mit Freunden. Auf diese Weise fördern und fordern Sie gleichzeitig die Eigenverantwortung des Kindes bei der Einteilung seiner Medienzeiten. Ein tägliches, starres Zeitkontingent hingegen „zwingt“ die Kinder eher, die Zeit dann auch sofort zu nutzen weil sie ansonsten verfällt. Gleichzeitig werden die Medien durch diese Verknappung zu etwas Besonderem und bekommen somit eine Rolle im Alltag der Kids, die sie eigentlich gar nicht haben sollten.
Die folgenden Zeiten sind Mittelwerte aus verschiedenen Empfehlungen (s. Quellenhinweise). Sie können Ihnen als Richtwerte dienen, sollten aber zudem im Zusammenhang mit der gesamten Lebenssituation festgelegt werden. Vor allem sollte berücksichtigt werden, wieviel Mediengebrauch in einer Familie üblich ist.
Alter empfohlene Bildschirmzeit pro Tag
0-3 Jahre am besten gar nicht
3-6 Jahre 30 min
6-9 Jahre 60 min
ab 10 Jahre ist keine Empfehlung mehr möglich, da sich hier die Nutzungsmuster stark unterscheiden.
Vor allem muss die Nutzung für schulische Zwecke aus möglichen Nutzungszeiten wieder heraus gerechnet werden.
Um die Übersicht über das Zeitkontingent zu bewahren helfen bei den Kleinen optische Hilfsmittel wie Murmeln, die für eine bestimmte Minutenzahl stehen und entsprechend nach und nach aufgebraucht werden dürfen. Bei den Größeren können normale oder auch Eieruhren eingesetzt werden.
Neben diesen Hilfsmitteln für die eigene Kontrolle können Zeitlimits für den Computer und das Internet auch mit technischen Mitteln eingerichtet werden. So gibt es Einstellungen und spezielle
Software, die sowohl Nutzungszeiten als auch Inhalte bei Handys, Computern, Tablets oder Konsolen begrenzen. Diese können eine gute zusätzliche Unterstützung sein, sind aber kein Ersatz für eine
zwischen Ihnen und dem Kind besprochene Vereinbarung. In erster Linie kommt es auf die Medienerziehung an, auf eine Vertrauensbasis und für das Kind verständliche und klare Regeln- natürlich
immer angepasst an das jeweilige Alter. Keinesfalls sollten solche technischen Fristen und Sperren heimlich eingerichtet werden.
Je nach Alter gehörten die digitalen Medien zum Alltag und sind für viele Kinder auch wichtig – um Kontakt zu Freunden zu halten, sich nicht ausgegrenzt zu fühlen, dabei sein zu können. Die Nutzung digitaler Medien ist also mittlerweile ein Bestandteil des Lebens, so wie es „früher“ der Fernseher auch schon war. Und wie damals helfen auch heute reine Verbote nicht weiter, sondern führen eher dazu, dass die Mediennutzung noch erstrebenswerter erscheint. Zudem gibt es immer Möglichkeiten, diese zu umgehen, z.B. indem die Nutzung von Computer & Co. bei Freunden stattfindet.
Prof. Dr. Angelika Beranek, tätig an der Hochschule München, Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Medienbildung, meint hierzu außerdem, dass Verbote in der Regel
umgangen werden. Die Kinder haben diverse Nutzungsmöglichkeiten außerhalb der elterlichen Kontrolle. Ein bestehendes Verbot macht es unmöglich, mit den Eltern über verstörende oder irritierende
Inhalte zu sprechen, wenn die Kinder diesen im Netz begegnen. Doch genau diese gemeinsame Reflexion ist die Basis einer gelingenden Medienerziehung.
Die Erlaubnis zur Nutzung der Medien sollte nicht als Belohnung oder Strafe eingesetzt werden, denn dadurch würde diese zu etwas Besonderem gemacht. Vielmehr sollte die Mediennutzung als eine von
vielen Alltagsbeschäftigungen wahrgenommen werde.
Gerade kleine Kinder sollten in bei der Mediennutzung begleitet werden. Sehen Sie sich Fernsehsendungen gemeinsam an. Nur so haben Sie die Möglichkeiten mit Ihrem Kind über das Gesehen zu sprechen und auch ggf. zu helfen, wenn es Zusammenhänge nicht versteht oder möglicherweise Szenen als beängstigend empfindet.
Dasselbe gilt für die Nutzung des Computers und des Internets. Machen Sie erste Schritte gemeinsam und interessieren Sie sich bei den etwas älteren Kindern dafür, was genau sie mit Medien machen,
welche Seiten sie im Internet besuchen und oder welche Spiele sie mögen. Probieren sie diese ruhig selbst aus. So verbringen Sie nicht nur gemeinsame Zeit sondern haben die Chance, gleich auf
mögliche Gefahren hinzuweisen.
Ausreichend Zeit für die für Schule und eine ausgewogene Freizeitgestaltung sollten in jedem Fall vorhanden sein. Hobbys und soziale Kontakte außerhalb der digitalen Welt sind wichtig - nicht nur für Kinder. Zudem sollten Regeln aufgestellt, wann Smartphone & Co. ausgeschaltet werden, z.B. beim Essen, bei den Hausaufgaben und vor dem Schlafen gehen. Auch ein bildschirmfreier Tag für die ganze Familie kann eingeführt werden. So könnte man sonntags beispielsweis einen gemeinsamen Spiele- oder Ausflugstag einrichten, lesen, chillen oder was gerade für das jeweilige Kind in seiner Altersklasse attraktiv ist.
Auch auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Das Verhalten des Kindes muss in Gesamtkontext gesehen und vor allem auf Veränderungen geachtet werden. Ein temporäres Verlangen nach
mehr Zeit kann mit einem neuen, spannenden Spiel zusammenhängen und muss nicht gleich bedenklich sein oder zu einer Anhängigkeit führen. Wenn Sie als Eltern aber merken, dass Ihr Kind sich
verändert, seine Pflichten, wie z.B. die Hausaufgaben nicht mehr erfüllt, andere Aktivitäten, Hobbys oder seine Freunde vernachlässigt. Wenn dies der Fall ist oder Sie unsicher sind, ob Ihr Kind
gefährdet oder gar abhängig ist, kann Ihnen die Checkliste von klicksafe.de für eine erste Einschätzung helfen.
Klicksafe.de rät dazu professionelle Hilfe zu suchen, falls drei oder mehr Fragen mit Ja beantwortet werden und die die Merkmale bei Ihrem Kind über einen längeren Zeitraum auftreten.
Sie als Eltern sollten sich unbedingt Ihrer Vorbildfunktion bewusst sein! Gibt es auch bei Ihnen bildschirmfreie Zeiten? Ist das Smartphone beim gemeinsamen Essen dabei? Können Sie die neu eingehende Nachricht auf Ihrem Smartphone ignorieren, wenn Sie gerade im Gespräch mit Ihrem Partner oder Kind sind? Gehen Sie mit Ihren eigenen Nutzungsgewohnheiten kritisch um und verlangen Sie nichts, was Sie nicht selbst umsetzen können.
Quellen:
Klicksafe.de
www.mpfs.de
www.schauhin.de
www.internet-abc.de
Weiterführende Infos finden Sie außerdem bei
Handysektor.de
Flimmo.de (Programmberatung für Eltern, auch als App verfügbar)
Saferinternet.at